Präventions- und Handlungskonzept
im Buxtehuder Sportverein
Präventions- und Handlungskonzept zum Schutz vor sexualisierter Gewalt im Sport
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Ausgangssituation
2.1. Hintergrundinformation
2.2. Begriffsdefinition
2.3. Erscheinungsformen sexualisierter Gewalt
3. Positionierung
4. Schutz und Risiken
4.1. Leitbild
4.2. Ehrenkodex
4.3. Vertrauensausschuss
4.4. Erweitertes polizeiliches Führungszeugnis
5. Verhaltensregeln
5.1. Allgemeine Verhaltensregeln
5.2. Verhaltensregeln für Trainer:innen, Betreuer:innen und Übungsleiter:innen
a. Körperliche Kontakte
b. Trainingsbetrieb / Transport von Kindern und Jugendlichen
c. Duschen und Umkleiden
d. Freizeitmaßnahmen, Fahrten und Wettkämpfe
e. Macht- und Abhängigkeitsverhältnisse
f. Trennung von Vereinsfunktion und Privatkontakten
g. Geheimnisse
h. Geschenke
5.3. Transparenz im Handeln
6. Vertrauenspersonen
6.1. Warum brauchen wir Vertrauenspersonen?
6.2. Aufgaben der Vertrauenspersonen
6.3. Anforderungen an die Vertrauenspersonen
6.4. Bekanntmachung im Verein
6.5. Kontaktmöglichkeiten
7. Feedback- und Beschwerdeverfahren
7.1. Allgemeines Verständnis zum Beschwerdeverfahren
7.2. Ziele
7.3. Feedback- und Beschwerdeprozess
7.4. Nachverfolgung / Dokumentation
8. Verfahren bei Vermutung, Verdacht und Vorfall
9. Handlungsleitlinien
9.1. Rechtliche Situation – welche Verpflichtungen bestehen
9.2. Information der Eltern
9.3. Umgang mit der Öffentlichkeit / Presse
10. Verantwortliches Handeln und Prävention
10.1. Sensibilisierung und Schulung von Übungsleitungen
10.2. Neueinstellungen
11. Schlussbemerkung
Anlage A – Leitlinien zum Vorgehen im Verdachtsfall
Anlage B – Dokumentationshilfe
1. Einleitung
Der Buxtehuder Sportverein v. 1862 e.V. (BSV) ist ein Breitensportverein mit über 20 Abteilungen, der seinen mehr als 4000 Mitgliedern Sport für jede Altersklasse anbietet. Etwa die Hälfte der Mitglieder sind Kinder und Jugendliche.
Bereits 2020 stellte sich vor dem Hintergrund des Schutzes unserer Jüngsten die Frage, was tun wir, um einen wirkungsvollen Schutz unserer Jugend vor Übergriffen zu gewährleisten und dem Vertrauen der Familien gerecht zu werden, das uns als Verein entgegengebracht wird. Eltern vertrauen uns ihre Kinder und Jugendlichen mit dem Ziel an, in unserem Verein sicher Sport treiben zu können.
Die Möglichkeit sexueller Gewalt findet sich in allen gesellschaftlichen Bereichen. Der Sport in einem Verein ist davon nicht ausgenommen. Die Studie „Safe Sport“ aus dem Jahr 2016 berichtet von 37% der Befragten, die bereits mindestens ein Ereignis sexualisierter Gewalt im Sport erlebt haben. Dazu zählen Bereiche sowohl vor als auch nach dem Sport, Wettkämpfe, Sportstätten, Trainingslager und Fahrten zu Wettkämpfen.
Um sich diesem Thema zu nähern, wurde ein Projektteam gebildet und der Entschluss gefasst, sich an dem Projekt zum Schutz / zur Prävention vor sexualisierter Gewalt „Ausgezeichnet“ der Sportjugend des Landessportbundes Niedersachsen zu beteiligen. Ziel war es, ein Präventions- und Handlungskonzept zum Schutz vor sexualisierter Gewalt im Sport zu erstellen. Während der gesamten Konzeptphase wurde das Projektteam durch ein Beratungstandem des Kreissportbundes (KSB) begleitet. Das Tandem führte den Verein organisatorisch und fachkundig durch die einzelnen Handlungs-Bausteine, stellte die Kommunikation mit dem Landessportbund Niedersachsen (LSB) her und unterstützte bei der konkreten Umsetzung. Der LSB finanzierte die Tandemarbeit und stellte Materialien, Erfahrungen und sein Netzwerk zur Verfügung.
Unser Ziel ist es, einen verbesserten Jugendschutz im Verein zu etablieren und auf diesem Weg alle Vereinsmitglieder mitzunehmen. Mit der Schaffung eines Schutz- und Präventionskonzeptes wollen wir die Sensibilisierung aller, insbesondere der Erwachsenen, die hier eine besondere Verantwortung tragen, stärken. Es geht darum, unangemessenen Handlungen vorzubeugen. Das Motto ist Hinschauen und nicht wegsehen – letzteres schützt nur Täter und benachteiligt Opfer.
Du fragst dich: „Ist das normal? Sieht so das Leben aus?“ Und natürlich weißt du es nicht, du hast keine Ahnung davon, was richtig und falsch ist.
… Und als Junge im Teenager-Alter erzählst du es nicht deinen Schulkameraden. Du kannst niemandem davon erzählen.
Interviewteilnehmer im VOICE-Projekt http://voicesfortruthanddignity.eu/de/
2. Ausgangssituation
2.1. Hintergrundinformation
Wer in den letzten Jahren in die Medien geblickt hat, könnte zu dem Schluss gelangen, dass die sexualisierte Gewalt zugenommen hat. Befasst man sich jedoch genauer mit dem Thema, kann man zu der Vermutung gelangen, dass insbesondere durch die Medienpräsenz dieser Thematik der Blick dafür und die Anzeigebereitschaft in der Bevölkerung zugenommen hat. Während früher sexualisierte Gewalt tabuisiert wurde, ist es heute durch viele Studien und die Berichterstattung in den Medien präsenter. Aber „Darf man sich mit dem Thema Kinderschutz in einem Verein beschäftigen, ohne in den Verdacht zu geraten, damit ein akutes Problem zu haben?“ Man darf nicht nur, man sollte es!
2.2. Begriffsdefinition
Wann spricht man von sexualisierter Gewalt bzw. Missbrauch oder von Grenzverletzungen und welche Ausprägungen werden unterschieden. Als sexueller Missbrauch oder sexualisierte Gewalt an Kindern und Jugendlichen wird seitens der Gesetzgebung jede sexuelle Handlung bezeichnet, die an oder vor Mädchen und Jungen gegen deren Willen vorgenommen wird oder der sie aufgrund körperlicher, seelischer, geistiger oder sprachlicher Unterlegenheit nicht wissentlich zustimmen können. Zwischen Täterinnen und Tätern und Athletinnen und Athleten besteht grundsätzlich ein Machtgefälle, das durch Wissen, emotionale und strukturelle Abhängigkeit gekennzeichnet ist. Wesentliches Merkmal sexualisierter Gewalt im (Leistungs-)Sport ist der verantwortungslose Vertrauensmissbrauch bzw. Vertrauensbruch.
2.3. Erscheinungsformen sexualisierter Gewalt
Die möglichen Handlungen sexualisierter Gewalt weisen eine große Bandbreite auf, es gibt eine Vielfalt von Erscheinungsformen. Nicht jede Form sexueller Gewalt ist strafbar, aber jede sexuelle Gewalt verletzt Mädchen und Jungen[1]. Die Strafbarkeit regelt das Strafgesetzbuch (StGB) in den §§ 174 ff. Wir als Verein müssen uns aber auch bewusst machen, dass es eine Strafbarkeit durch Unterlassen gibt, wenn z.B. dem Vorstand oder einer Trainerin / einem Trainer sexuelle Übergriffe innerhalb des Vereins bekannt werden und diese nichts dagegen unternehmen.
Sexualisierte Gewalt ohne Körperkontakt
- Filmen und fotografieren im privaten Bereich, z. B. beim Duschen, An- oder Auskleiden
- Voyeurismus
- Ansehen und Produzieren von pornografischen Produkten
- Versand und Weiterleitung von Nacktbildern über Social Media
- abfällige, sexistische Bemerkungen zum Aussehen, Geschlecht, zur geschlechtlichen Identität oder sexuellen Orientierung
- exhibitionistische Handlungen, z. B. sich nackt zeigen zur sexuellen Befriedigung,
- Aufforderung zur sexuellen Handlung,
- abschätzende Blicke,
- sexistische und obszöne Witze und Sprüche,
- Cybermobbing, sexuelle Diffamierung im Internet
Sexualisierte Gewalt mit Körperkontakt
- ungewollte körperliche Berührungen, z. B. an der Brust und im Genitalbereich, grabschen, ungewollte Küsse
- vaginale, orale oder anale Vergewaltigung
- Gruppenvergewaltigung
- Zwang zu sexuellen Handlungen an sich selbst oder anderen
(Sexuelle oder sexualisierte) Grenzverletzungen
Grenzverletzungen liegen in einer Grauzone und lassen sich nicht immer eindeutig als sexueller oder sexualisierter Übergriff einordnen. Man versteht darunter Verhaltensweisen, die die individuellen Grenzen eines anderen Menschen unbewusst oder bewusst überschreiten. Unbeabsichtigte Grenzverletzungen können durch versehentliche oder ungeschickte Berührungen entstehen, die absichtlich oder unabsichtlich erfolgen. Dazu gehören z.B. Berührungen im Intimbereich bei Hilfestellungen im Sport oder bei Massagen, wenn Umarmungen oder Begrüßungsküsse ausgetauscht werden, bei der Sportausübung Berührungen oder körperliche Nähe stattfinden. Auch sexistische Witze, nachpfeifen, sexuell anzügliche Bemerkungen, Bilder oder Mitteilungen mit sexuellem Inhalt fallen darunter. Sie sind jedoch korrigierbar und meistens durch eine Entschuldigung aus der Welt zu schaffen. Bewusste Grenzverletzungen hingegen zielen darauf ab, andere zu verletzen, herabzusetzen und öffentlich bloßzustellen. Die Grenzen zu sexualisierten Gewalthandlungen sind dabei fließend.
Ein nicht unerheblicher Teil sexualisierter Grenzverletzungen wird von Jugendlichen unter 18 Jahren verübt. Zudem wird zunehmend sexualisierte Gewalt mittels digitaler Medien (Social Media, Messenger-Dienste) ausgeübt.
3. Positionierung
Der Startpunkt für die intensive Auseinandersetzung mit dem Thema „Sexualisierte Gewalt“ war eine Infoveranstaltung im September 2020 für den Vorstand im Rahmen des Projektes „Ausgezeichnet“. Im November 2020 folgte eine erste Veranstaltung für Vereinsverantwortliche zur Positionierung des Vereins, an der das Präsidium, der Vorstand, der Vertrauensausschuss sowie Vertreter einzelner Abteilungen teilnahmen. Im Rahmen dieser Veranstaltung wurde allen deutlich, dass die bestehenden Maßnahmen wie z.B.
- der verbindliche Ehrenkodex, wo sich u.a. jeder Mitarbeitende verpflichtet, „das Recht des mir anvertrauten Kindes, Jugendlichen und jungen Erwachsenen auf körperliche Unversehrtheit und Intimsphäre zu achten und keine Form der Gewalt sie sie physischer, psychischer oder sexueller Art auszuüben“,
- die Vorlage eines erweiterten polizeilichen Führungszeugnisses durch alle Übungsleitenden oder
- entsprechende Formulierungen in der Satzung
nicht ausreichend sind, um diesem Thema gerecht zu werden. Vielmehr bedarf es eines umfassenden Konzeptes und Maßnahmen, um alle Menschen im Verein zu sensibilisieren und einen sicheren Raum zu schaffen.
Der Filmbericht einer betroffenen Sportlerin (nicht Mitglied im Buxtehuder SV), die als junge Judoka sexuelle Gewalt durch ihren Trainer erlebt hat, hat alle Teilnehmenden bewegt. Sie hätte sich eine Person im Verein gewünscht, der sie sich hätte anvertrauen können. Die mit den Teilnehmenden besprochenen Situationseinschätzungen „Wie nah ist zu nah“ haben uns gezeigt, wo wir Handlungsbedarf haben:
- Sensibilisierte Vereinsverantwortliche, Übungsleitungen und Mitglieder
- Das Wissen von Vereinsmitgliedern aller Altersgruppen um ihre Rechte
- Kindgerechte Formen der Vermittlung und Diskussion der Vereins-Ethik
- Vertrauenspersonen
- Ansprechstelle im Verein und Menschen, die sich zutrauen und in der Lage sind, Berichte über sexualisierte Grenzverletzungen und Gewalt anzuhören und aufklären zu können
- Das Wissen und Vertrauen in die handelnden Personen, dass Berichte vertraulich behandelt werden
4. Schutz und Risiken
Im Zuge der Risikoanalyse wurde untersucht, welche Risiken überhaupt im Vereinsleben bestehen und wie diesen begegnet werden könnte. Mit dem Leitbild, dem Ehrenkodex, dem Vertrauensausschuss, der Einholung eines erweiterten Führungszeugnisses sowie der Vereinbarung zum Kinder- und Jugendschutz mit dem Jugendamt Buxtehude gibt es bereits schützende Faktoren im Buxtehuder SV. Doch ist das wirklich ausreichend? In strukturierter Form wurden in einer ersten Risikoanalyse vom Projektteam vier Bereiche untersucht und dabei die Risiken und die bereits bestehenden Schutzmechanismen identifiziert sowie Ideen für Veränderungen entwickelt. Die einzelnen Bereiche bzw. Situationen im Sport sind:
- Körperkontakt und Hilfestellungen
- Räumlichkeiten, Plätze, Übernachtungen, Ausflüge
- Transport von Kindern und Jugendlichen zum Training, zu Spielen und Wettkämpfen oder bei Ferienfahrten
- Nutzung digitaler Medien vor/während/ nach dem Training, Wettkämpfen, Veranstaltungen oder aus dem Vereinsleben
Im zweiten Teil der Risikoanalyse wurden zwei weitere Themenfelder betrachtet und der bestehende Schutz sowie der Veränderungsbedarf diskutiert. Diese Themenfelder sind:
- Trennung bzw. Vermischung von Vereinsfunktionen und Privatkontakten
- Mögliche Macht- und Abhängigkeitsverhältnisse zwischen Übungsleitungen und Trainierenden / Teilnehmenden am Sportbetrieb
Die in der Risiko- und Ressourcen-Analyse festgestellten möglichen Risiken sowie die Analyse, welche Regeln zum Schutz notwendig sind, bildeten später die Grundlage für die Erstellung bindender Regeln im Verein.
4.1. Leitbild
Der Buxtehuder SV hat auf der Mitgliederversammlung am 31. Januar 2019 sein bisheriges Leitbild verabschiedet. Darin sind bereits Leitsätze formuliert, die einen gewissen, aber noch nicht ausreichenden Schutz vor sexualisierter Gewalt beinhalten. Z.B. heißt es dort – „Wir qualifizieren unsere Übungsleiter in sportlicher und pädagogischer Hinsicht und bieten dadurch unseren Mitgliedern die beste Betreuung und sportliche Förderung unter Berücksichtigung der individuellen körperlichen Fähigkeiten. Sicherheit und Gesundheitsschutz stehen dabei an vorderster Stelle.“
4.2. Ehrenkodex
Mit dem Ehrenkodex verpflichten sich alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Buxtehuder SV, die insbesondere im Sport mit Kindern, Jugendlichen oder jungen Erwachsenen arbeiten oder diese betreuen, zur Einhaltung von klaren Spielregeln im Umgang mit den ihnen anvertrauten Personen. So verpflichten sich unsere Mitarbeitenden z.B., das Recht des mir anvertrauten Kindes, Jugendlichen und jungen Erwachsenen auf körperliche Unversehrtheit und Intimsphäre zu achten und keine Form der Gewalt sei sie physischer, psychischer oder sexueller Art auszuüben.
Dieser Ehrenkodex ist von allen Mitarbeitenden verpflichtend mit dem Arbeitsvertrag oder dem Übungsleitervertrag zu unterzeichnen.
4.3. Vertrauensausschuss
In der Satzung des Buxtehuder SV ist der Vertrauensausschuss fest verankert. Er führt seine Aufgabe eigeninitiativ oder nach Beauftragung durch ein Vereinsmitglied oder ein Vereinsorgan aus. Er achtet auf die Einhaltung der Vereinswerte, der Satzung und des Leitbildes. Darüber hinaus achtet er auch darauf, dass niemand direkt oder indirekt benachteiligt wird.
4.4. Erweitertes polizeiliches Führungszeugnis
Der Verein stellt mit dem erweiterten polizeilichen Führungszeugnis möglichst sicher, dass keine im Sportbetrieb haupt-, neben- oder ehrenamtlich tätigen Personen, die wegen einer Straftat, die im Katalog der Straftatbestände nach §72a SGB VIII aufgeführt ist, im Verein beschäftigt werden. Hierzu gehören neben anderen Straftaten z.B. Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung oder die körperliche Unversehrtheit. Alle fünf Jahre ist dem Verein ein neues Führungszeugnis vorzulegen. Bei Neueinstellungen darf dieses nicht älter als drei Monate sein.
Aus Gründen des Datenschutzes haben nur der Vorstand und die Mitarbeitenden der Geschäftsstelle Einsicht, die gemäß Organigramm mit Personalarbeit befasst sind. Es werden keine Kopien aufbewahrt. Nur die Vorlage und Einsichtnahme wird mit Datum notiert. Wenn Eintragungen / Straftaten, die im §72a SGB VIII aufgeführt sind, vorliegen, ist eine Tätigkeit im Verein als Trainer/Trainerin bzw. Übungsleitung ausgeschlossen.
5. Verhaltensregeln
In einem Verein mit über 4000 Mitgliedern gibt es unterschiedliche Ansichten darüber, welches Verhalten (noch) in Ordnung ist und welches Verhalten bereits eine Grenzverletzung darstellt. Die Grenzen können verschwimmen. Aus diesem Grund haben wir für uns Verhaltensregeln entwickelt, die beschreiben, welches Verhalten wir aus pädagogischer und sportbezogener Sicht im Umgang mit Kindern und Jugendlichen für völlig richtig ansehen, kritisch betrachten oder für grundsätzlich unangemessen oder falsch halten.
5.1. Allgemeine Verhaltensregeln
Allgemeine Verhaltensregeln gelten für alle Beteiligten am Sport- und Wettkampfbetrieb. Sie gelten gleichermaßen sowohl für Trainer:innen, Übungsleiter:innen und Betreuer:innen als auch für Eltern, Gäste, Zuschauer und die Kinder und Jugendlichen selber.
- Wir gehen verantwortungsbewusst, vertrauensvoll und wertschätzend miteinander um
- Fotografien / Filmaufnahmen und deren Veröffentlichung (z.B. in sozialen Medien) sind nur nach Rücksprache mit den Erziehungsberechtigten und den Trainer:innen, Übungsleiter:innen oder Betreuer:innen gestattet. Öffentliche Veranstaltungen bilden eine Ausnahme
- Die im weiteren aufgeführten Verhaltensregeln gelten – soweit anwendbar – auch für Eltern, Gäste, Zuschauer, Kinder und Jugendliche. So ist z.B. Gästen und Zuschauern der Zutritt zu Dusch- und Umkleidebereichen verboten. Erziehungsberechtigte Eltern haben nur dann Zutritt zum Umkleidebereich, wenn es die Aufsichtspflicht erfordert
5.2. Verhaltensregeln für Trainer:innen, Betreuer:innen und Übungsleiter:innen
a. Körperliche Kontakte
- Die Intimsphäre und die persönlichen Schamgrenzen der Kinder und Jugendlichen sowie anderer Vereinsmitglieder sind zu respektieren
- Hilfestellungen werden sportfachlich korrekt ausgeführt und im Vorfeld der Übung klar und deutlich mitgeteilt
- Berührungen von Kindern und Jugendlichen stehen immer in unmittelbaren Zusammenhang mit dem Sport, ansonsten haben sie zu unterbleiben
- In den Arm nehmen, Ermunterung, Gratulation oder Trösten ist immer pädagogisch dann sinnvoll, wenn sie von den Kindern und Jugendlichen gewünscht bzw. gewollt sind und dürfen nicht Überhand nehmen. „Kitzeln“ oder ähnliche Berührungen sind in jedem Fall zu unterlassen
b. Trainingsbetrieb / Transport von Kindern und Jugendlichen
Wo immer möglich, sind 1:1-Situationen zu vermeiden. Es ist in jedem Fall Transparenz über die 1:1-Situation zu schaffen, und die Hinzunahme einer weiteren Person sollte für beide Seiten wählbar sein
Beim Training gilt das „Sechs-Augen-Prinzip“, d. h. es ist immer eine weitere Person in den Räumlichkeiten anwesend
Einzeltrainings sind zu vermeiden und müssen immer mit dem Vereinsvorstand und den Erziehungsberechtigten abgesprochen werden
Bei gemeinsamen Fahrten sind grundsätzlich zentrale Abhol- und Treffpunkte zu vereinbaren
c. Duschen und Umkleiden
Umkleideräume und Duschen sind geschlechterspezifisch getrennt
Sollte ein Eintritt in die Umkleide oder Dusche der Trainierenden notwendig sein, muss dies von der Übungsleitung vorher klar und deutlich kommuniziert werden; der Eintritt geschieht erst nach Rückmeldung (Ausnahmen sind Notfälle oder die Eskalation von Situationen von Streit und Vandalismus)
Trainer:innen, Übungsleiter:innen und Betreuer:innen duschen nicht mit Kindern und Jugendlichen
In den Duschen und Umkleiden ist das Fotografieren und Filmen strikt untersagt
d. Freizeitmaßnahmen, Fahrten und Wettkämpfe
Grundsätzlich ist die Gruppengröße der Umgebung/Räumlichkeit anzupassen.
Auf gleichgeschlechtliche Unterbringung ist zu achten
Trainer:innen, Übungsleiter:innen und Betreuer:innen sollen separat untergebracht sein. Es wird nicht mit Kindern und Jugendlichen in einem Raum übernachtet
Kinder und Jugendliche übernachten nicht im Privatbereich von betreuenden Personen
Übernachtungen gemeinsam mit Gruppen von Kindern und Jugendlichen, z. B. im Rahmen von Sportfesten, Freizeiten oder vergleichbaren Veranstaltungen, sind mit mindestens zwei Betreuer:innen möglich
- Kinder und Jugendliche werden nicht in den Privatbereich der Betreuer:innen (Wohnung, Haus, Garten, Boot, Hütte usw.) mitgenommen
- Das Abholen und Heimbringen von Kindern und Jugendlichen ist nur nach Absprache mit den Eltern / Erziehungsberechtigten erlaubt
e. Macht- und Abhängigkeitsverhältnisse
Macht- und Abhängigkeitsverhältnisse zwischen Trainer:innen, Übungsleiter:innen und Betreuer:innen auf der einen Seite und Trainierenden auf der anderen Seite sind vorhanden und müssen transparent sein
Wenn möglich erfolgt eine Doppelbesetzung während des Trainings im Kinder- und Jugendbereich bis zu einem Alter von 14 Jahren
Sanktionen und entsprechende logische Konsequenzen auf Fehlverhalten der Trainierenden müssen bekannt, gleichbleibend und nachvollziehbar sein
Sexualisierte und diskriminierende Sprache ist unter allen Umständen zu unterlassen
Ausdrücke, Witze und Äußerungen, die sexuelle Inhalte transportieren und/oder sich negativ auf das Geschlecht oder die sexuelle Orientierung der Heranwachsenden beziehen, sind zu unterlassen
Sexualisierte und diskriminierende Äußerungen zur körperlichen Erscheinung und zum Aussehen von Kindern und Jugendlichen sind zu unterlassen
f. Trennung von Vereinsfunktion und Privatkontakten
Es werden keine privaten analogen und digitalen Kontakte mit einzelnen Kindern und Jugendlichen abseits des Sports unterhalten
Bei teaminternen Gruppenchats müssen die Altersfreigaben zur Nutzung der Apps berücksichtigt werden
Eltern werden zur Transparenz in Gruppenchats mit aufgenommen
Private Veranstaltungen dürfen nur mit dem Einverständnis der Eltern durchgeführt werden. Dabei muss für alle transparent erkennbar sein: Wer ist wo und wann eingeladen
Rückfragen zur Verfügbarkeit oder zum Ausfall von Kindern (bis 12 Jahre) dürfen ausschließlich an die Eltern gestellt werden
g. Geheimnisse
Auch bei besonderen Erfolgen einzelner Kinder oder Jugendlicher machen Trainer:innen keine persönlichen Geschenke
Kein Kind oder Jugendlicher erhält eine unsachgemäße Bevorzugung oder Vergünstigung, z. B. ein nicht durch die Leistung bedingtes Versprechen auf einen Stammplatz, die Entbindung von Mannschaftspflichten, usw.
5.3. Transparenz im Handeln
Gibt es im Einzelfall Gründe, von einer dieser Verhaltensregeln abzuweichen, ist dies mit den Erziehungsberechtigten und dem Vorstand abzusprechen. Erforderlich ist immer das beidseitige Einvernehmen über das sinnvolle und nötige Abweichen von der zwingenden Verhaltensregel.
6. Vertrauenspersonen
6.1. Warum brauchen wir Vertrauenspersonen?
Kinder und Jugendliche sollen sich im Verein wohl fühlen. Es kann sein, dass Situationen passieren, die sie anders oder als unangenehm wahrnehmen, aber selbst nicht gegenüber den Übungsleitungen oder anderen Verantwortlichen ansprechen möchten. Hier benötigen sie dringend die Unterstützung Erwachsener, um aus dieser Situation herausfinden zu können. Insbesondere für Betroffene sexualisierter Übergriffe und für diejenigen, die etwas beobachtet haben oder vermuten, muss klar sein, bei wem sie Hilfe bekommen können. Daher ist es sinnvoll, Ansprechpersonen im Verein zu benennen, zu denen Kinder und Jugendliche Vertrauen haben, die sich vorher über Interventions- und Hilfsmöglichkeiten informiert haben und in konkreten Situationen wissen, was zu tun ist.
Diese Vertrauenspersonen können auch den Vorstand entlasten in Fragen zum Thema „Schutz vor sexualisierter Gewalt gegen Kinder und Jugendliche“ und – je nach Entscheidung des Vereins – auch allgemein beim Weiterverweis in das regionale Hilfenetz.
Der Buxtehuder SV benennt zwei Vertrauenspersonen (idealerweise ein Team beiderlei Geschlechts), die für die verschiedenen Alters- und Zielgruppen bei Sorgen, Beschwerden, Vermutung oder Wissen um (sexualisierte) Gewalt niedrigschwellig zu erreichen sind. Die Berufung einer Vertrauensperson erfolgt durch den Vorstand.
6.2. Aufgaben der Vertrauenspersonen
Bei den Aufgaben für die Vertrauenspersonen ist wichtig, dass die Arbeitsaufträge, Aufgabenbereiche und Befugnisse so klar und präzise wie möglich formuliert sind. Gerade das Zusammenspiel mit dem Vorstand und dem Vertrauensausschuss bei einem Vorfall oder Verdacht muss klar geregelt sein und vertrauensvoll und unproblematisch ablaufen. Die Vertrauenspersonen sind:
- Ansprechpartner:innen für Kinder und Jugendliche
- Ansprechpartner:innen für Abteilungsleitungen, Trainer:innen, Übungsleiter:innen und Betreuer:innen
- Ansprechpartner:innen für Eltern
Zu ihren Aufgaben gehören:
- Die Entgegennahme von Beschwerden bei Diskriminierung, Mobbing, Grenzverletzungen oder sexualisierter Gewalt, etc.
- Die Herstellung von Kontakten zu Beratungsstellen und anderen Hilfen
- Die Weiterleitung von Beschwerden an diejenigen im Verein, die Abhilfe schaffen können
- Die Abstimmung von Interventionsschritten mit den jeweils Verantwortlichen
- Die Abstimmung ihrer Arbeit mit dem Vorstand
- Die regelmäßig wiederkehrende Bekanntmachung ihrer Arbeit im Verein
- Die regelmäßige Aktualisierung ihres Wissens zum Thema Kinder- und Jugendschutz
Wünschenswert ist es darüber hinaus, dass die Vertrauenspersonen an der Erstellung und Aktualisierung des gesamten Schutzkonzeptes sowie der Aktualisierung des Handlungsplans bei einer Vermutung, einem Verdacht oder dem Wissen um (sexualisierte) Gewalt mitarbeiten.
6.3. Anforderungen an die Vertrauenspersonen
Die Vertrauenspersonen haben einen großen Anteil an dem Gelingen des Konzeptes und unterstreichen mit ihrem Handeln die Ernsthaftigkeit und Nachhaltigkeit bei der Umsetzung. Daher werden an sie hohe Anforderungen gestellt. Folgende Voraussetzungen sollen sie grundsätzlich erfüllen:
- Langjährige Mitglieder, die den Verein gut kennen
- Hoher Bekanntheitsgrad im Verein und Verbundenheit mit dem Verein
- Ein aktuelles erweitertes Führungszeugnis ist innerhalb von drei Monaten nach Übernahme der Funktion vorzulegen
- Selbstverpflichtung, den Vorstand zu informieren, falls gegen sie ein Verfahren wegen Verletzung der sexuellen Selbstbestimmung eingeleitet wird
- Lebenserfahrung: mindestens 18 Jahre alt, wünschenswert: eher mehr Lebenserfahrung
- Ehrenamtliche Übernahme der Funktion
- Keine Personen, die über ihre berufliche Funktion (z.B. Angehörige der Polizei oder Staatsanwaltschaft) einen Ermittlungszwang als Pflicht aus dem Dienstverhältnis haben, wenn sie von Gewalt und Straftaten erfahren
- Möglichst keine Personen, die hauptberuflich im Verein tätig sind oder die ein Wahlamt innerhalb des Vereins bekleiden
6.4. Bekanntmachung im Verein
Die benannten Vertrauenspersonen werden im gesamten Verein bekannt gemacht. Insbesondere Kinder, Jugendliche und deren Eltern, aber auch alle Vereinsmitglieder sind über die Personen zu informieren. Dies erfolgt über:
- Persönliche Vorstellung auf der Mitgliederversammlung und beim erweiterten Vorstand
- Persönliche Vorstellung in den Abteilungen und Sportgruppen
- Bekanntmachung über Newsletter des Vereins und die Homepage
- Vorstellung bei den Schulungen der Übungsleitungen
- Bekanntmachung für neue Mitglieder
6.5. Kontaktmöglichkeiten
Jede Vertrauensperson ist über eine eigene Telefonnummer und eine eigene E-Mail-Adresse zu erreichen. Die Vertrauenspersonen werden auf der Homepage bekannt gemacht.
7. Feedback- und Beschwerdeverfahren
7.1. Allgemeines Verständnis zum Beschwerdeverfahren
Die Erfahrung zeigt es: Fehler passieren – seien sie technischer bzw. organisatorischer Art oder im Verhalten von Personen begründet. Wichtig für das Vertrauen der Vereinsmitglieder und Beschäftigten ist, dass Beschwerden geäußert werden können und diese ernst genommen werden. Erleben sie im Alltag Übernahme von Verantwortung oder nur Bagatellisierung oder Dramatisierung? Diese alltäglichen Erfahrungen erleichtern oder erschweren das Äußern von Kritik und Beschwerden.
Der reale Umgang mit Regeln und möglichen Überschreitungen oder Grenzverletzungen macht für ALLE (diejenigen, die von Überschreitungen betroffen sind, die in der Situation weiteren Anwesenden, die regelüberschreitende Person und diejenigen, die von der Situation erfahren) deutlich:
- „Lohnt es sich“, sich zu beschweren?
- Sind Regeln nur pro forma?
- Wie verhalten sich andere, wenn ich mit etwas nicht einverstanden bin? (Bleibe ich zu meiner Gruppe/meiner Mannschaft zugehörig oder führt Kritik zu Ablehnung von Übungsleitungen oder der Gruppe?)
Daher sind als Voraussetzungen für ein gelingendes Frühwarnsystem und Beschwerdemanagement folgende Punkte unerlässlich:
- Wertschätzung und Respekt im Alltag
- Erfahrung, dass andere sich für das eigene Wohlergehen interessieren
- Beteiligung im Alltag
- Information über Beschwerdemöglichkeiten
- Verantwortungsvoller Umgang mit Fehlern
- Offenheit für Anregungen, Rückmeldungen, Kritik
- Ernstnehmen von Ängsten
7.2. Ziele
Mit der Einführung eines Feedback- und Beschwerdeverfahrens verfolgt der Buxtehuder SV folgende Ziele:
- Sicherheit im Sportbetrieb
- Verbesserung der Kommunikation auf allen Ebenen
- Verbesserung der Qualität des Sportangebots
- Eine höhere Zufriedenheit von allen Personen im Verein
- Ermutigung, sexuelle Grenzverletzungen und Verstöße gegen die Verhaltensregeln zu melden
- Verbesserung des Images des Buxtehuder SV
Daher soll es möglich sein, jede Form der Rückmeldung zu geben – Lob und Beschwerde. Jede Meinung ist uns wichtig!
Wir freuen uns über Anregungen, Verbesserungsvorschläge und sind offen für jede Form der Kritik. Daher kann uns alles mitgeteilt werden. Die drei folgenden Kategorien von Rückmeldungen unterscheiden im weiteren Verlauf über den Zugangsweg, den Ablauf und die Dokumentation:
- Lob, Anregungen, Kritik
- Technisches oder organisatorisches Feedback
- Beschwerden bei Diskriminierung, Mobbing, Grenzverletzungen oder sexualisierter Gewalt, etc.
7.3. Feedback- und Beschwerdeprozess
Der Zugang zum Feedback- und Beschwerdeprozess soll eine möglichst einfache Kontaktaufnahme ermöglichen, um niemanden davon abzuhalten, Lob, Anregungen, Kritik oder eine Beschwerde zu äußern. Insbesondere die unterschiedlichen Ziel- und Altersgruppen sollen jeweils Möglichkeiten des analogen oder digitalen Feedbacks haben, die für sie niedrigschwellig nutzbar sind. Der Buxtehuder SV wiederum verpflichtet sich, mit jeder Äußerung verantwortlich, entsprechend den gegebenen Regeln, umzugehen.
Als Zugänge für jegliche Form von Lob und Kritik werden folgende Wege eingerichtet:
- analog: direkt in der Geschäftsstelle oder bei den Übungsleitenden
- Telefon: über die Nummer der Geschäftsstelle; für Beschwerden, bei denen es um Diskriminierung, Mobbing, Grenzverletzungen, sexualisierte Gewalt oder ähnliches geht, direkter tel. Kontakt mit den Vertrauenspersonen
- Homepage: über „Feedback“ auf der Homepage, Vertrauensausschuss und direkt Vertrauenspersonen
- Briefkasten: Briefkasten der Geschäftsstelle
Feedback und Beschwerden der Kategorien 1 und 2 gehen an die Geschäftsstelle und deren Mitarbeitende. Alle Beschwerden der Kategorie 3 werden direkt von den „Vertrauenspersonen“ entgegengenommen. Die Vertrauenspersonen stehen in engem Kontakt und Austausch mit dem Vertrauensausschuss und dem Vorstand des Buxtehuder SV.
Die Beschwerdewege werden auf der Homepage bekannt gemacht.
Dabei gelten immer folgende Grundregeln:
- Die Möglichkeit, freiwillige Zeugen beizubringen
- Wertschätzende Kommunikation
- Einbeziehen der Betroffenen, insbesondere bei Entscheidungen über Konsequenzen und Transparenz der Intervention
- Die Betroffenen werden aktiv nach ihren Ideen und Wünschen im Umgang mit dem Vorfall gefragt
7.4. Nachverfolgung / Dokumentation
Abhängig von der Kategorie der Rückmeldung erfolgt eine fallbezogene Dokumentation zur Nachverfolgung einer Rückmeldung.
Kategorie 1 wird nicht weiter dokumentiert
Kategorie 2 wird grundsätzlich anhand eines vorgegebenen Feedback-Bogens (Anlage B) dokumentiert, als ausfüllbares Dokument hinterlegt und nach Beendigung des Vorgangs gelöscht
Kategorie 3 wird anhand eines vorgegebenen Feedback-Bogens (Anlage B) dokumentiert und dauerhaft an einem sicheren Ort im Verein aufbewahrt.
8. Verfahren bei Vermutung, Verdacht und Vorfall
Wenn Vermutungen oder Verdachtsfälle geäußert oder Vorfälle sexualisierter Gewalt bekannt werden, ist dies für alle beteiligten Personen häufig eine emotional herausfordernde und verworrene Situation. Aus diesem Grund haben wir im Vorfeld skizziert, welche Schritte in einem konkreten Fall bei einer Intervention zu gehen sind und Zuständigkeiten festgelegt. Schriftlich fixierte Handlungs- und Interventionspläne vermindern das Risiko, dass situative Überforderungen, fehlendes Fachwissen oder auch Loyalitätskonflikte zu Fehleinschätzungen und Fehlverhalten führen, was wiederum Betroffene weiteren Gefahren und Verletzungen aussetzen kann.
Die Handlungsleitlinien sollen hilfreiche Anhaltspunkte geben und sind als Orientierungsrahmen zu verstehen, denn jeder Fall wird anders sein und eine individuelle Lösung erfordern. Sie geben Hinweise zu wichtigen Punkten einer Intervention:
- Konkretes Vorgehen bei Vorfall oder Verdacht
- Sofortmaßnahmen
- Dokumentation
- Einschaltung von Dritten (wir sind keine Psychologen oder Strafverfolgungsbehörden)
- Datenschutz
- Aufarbeitung
- Rehabilitation zu Unrecht beschuldigter Personen
Uns muss allen bewusst sein, dass eine schnelle Verbreitung von Gerüchten und das Prinzip der stillen Post eine Dynamik erzeugen kann, die nur schwer einzufangen ist.
Der Schutz der Betroffenen steht für den Buxtehuder SV stets im Vordergrund
Werden Verdachtsfälle sexualisierter Gewalt wahrgenommen, geraten diejenigen, die diese Vorfälle beobachten oder davon erfahren, oftmals in eine Zwickmühle: Zum einen möchte man die betroffene Person schützen, zum anderen möchte man die verdächtige Person nicht leichtfertig anprangern. Daher ist es wichtig, dass die Personen, die einer Beschwerde nachgehen, besonnen und verantwortlich agieren und die folgenden Punkte bei einer Intervention beherzigen:
9. Handlungsleitlinien
Eine gelungene Intervention bei sexualisierter Gewalt ist eine der wichtigsten Voraussetzungen zur Vermeidung neuer Vorfälle. Daher ist es wichtig, dass die handelnden Personen im Verein sensibel, vertraulich aber auch konsequent Verdachtsfällen oder konkreten Grenzverletzungen umgehen.
Häufig wenden sich betroffene Kinder oder Jugendliche nicht an die Erwachsenen (Übungsleitungen, Vorstand, Vertrauenspersonen, etc.) im Verein, sondern zunächst eher an Gleichaltrige oder sie vertrauen sich niemandem an, sei es aus Angst vor Bestrafung (wenn Eltern davon erfahren) oder Verachtung in ihrem sozialen Umfeld, sei es aus Scham oder aus Angst, dass sie nicht gehört werden oder ihnen nicht geglaubt wird. Das etwas nicht stimmt, erkennt man dann nur an Verhaltensänderungen wie veränderter Körpersprache, Rückzug, abfallender Leistung, Weinen, etc. Dabei muss aber nicht gleich jede Verhaltensänderung eine sexualisierte Gewalt oder einen Missbrauchsfall als Ursache haben.
Wichtig ist, dass z.B. Übungsleitungen genau hinschauen, ein ungutes Gefühl ernstnehmen und potenziell betroffene Kinder und Jugendliche genau beobachten. Erhärtet sich ein Verdacht, kann der oder die Betroffene in einem ersten Schritt direkt angesprochen werden, indem man seine Wahrnehmung schildert und auf die Hilfe der Vertrauenspersonen hinweist. Die Vertrauenspersonen stehen als Ansprechpartner und Ratgeber grundsätzlich zur Verfügung. Sie sind entsprechend geschult und wissen, wo sie weitere Hilfe und Unterstützung bekommen.
Die Leitlinien zum Vorgehen im Verdachtsfall sind als Anlage A angehängt.
9.1. Rechtliche Situation – welche Verpflichtungen bestehen
Grundsätzlich besteht für die handelnden Personen im Verein (Vorstand, Abteilungsleitungen, Übungsleitende, etc.) keine Pflicht zur Anzeige. Allerdings besteht eine allgemeine Verpflichtung zur Hilfeleistung und damit die Pflicht, andere vor Schaden zu bewahren. Es soll von allen Beteiligten Schaden abgewendet werden, insbesondere soll es keine Vorverurteilung geben, auch um die Grenzen zu einer Verleumdung oder gar übler Nachrede nicht zu überschreiten.
9.2. Information der Eltern
Sollte ein nicht unerheblicher Vorfall vorliegen oder bereits die Öffentlichkeit Kenntnis von einem Vorfall erlangt haben, sind grundsätzlich die Eltern der Kinder und Jugendlichen zu informieren. Schilderungen über den Vorfall sind ohne Details zu geben, so dass der Schutz der Betroffenen gewahrt bleibt. Es ist dabei auch darauf zu achten, worauf der oder die Betroffene seine/ihre Einwilligung gibt. Im Zweifel sind hier weitere Experten hinzuziehen.
9.3. Umgang mit der Öffentlichkeit / Presse
Auskünfte an die Öffentlichkeit bzw. an die Presse gibt nur der Vorstand. Alle anderen Verantwortlichen im Verein wie Übungsleitende, Abteilungsleitungen, usw. verweisen grundsätzlich an die jeweiligen Vorsitzenden des Vorstandes, geben aber selbst keine Auskünfte. Intern wird im Vorstand/Präsidium über mögliche Reaktionen des Vereins beraten.
Der Vorstand geht aktiv nur auf die Presse zu, wenn das Geschehene bereits öffentlich bekannt ist vermutet wird, dass die Presse darüber berichten wird. Hier gelten die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und ganz besonders der Schutz der Beteiligten.
Nachfolgende Handlungsgrundsätze zum Umgang mit Betroffenen in Verdachtsfällen müssen unbedingt beachtet werden:
10. Verantwortliches Handeln und Prävention
Für die Umsetzung des Schutzkonzepts spielen alle ehrenamtlichen, neben- und hauptberuflichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eine entscheidende Rolle. Nur wenn sie beim Thema sexualisierte Gewalt das erforderliche Wissen und die entsprechende Erfahrung und Sensibilität zeigen, kann von einer erfolgreichen Implementierung des Schutzkonzepts und Prävention vor sexualisierter Gewalt und Grenzverletzungen gesprochen werden.
10.1. Sensibilisierung und Schulung von Übungsleitungen
Sämtliche Übungsleiterinnen und Übungsleiter im Verein, insbesondere diejenigen, die Kinder und Jugendliche betreuen, sollen ein grundlegendes Wissen zum Thema grenzverletzendes Verhalten und sexualisierte Gewalt bekommen. Zu diesem Zweck wird dieser Personenkreis von entsprechend qualifizierten Referenten geschult. Zum Zeitpunkt der Auszeichnung des Schutzkonzepts durch den Landessportbund sollen mindestens 75% der erwachsenen Übungsleitungen geschult sein. Ab 2025 sollen auch spezielle Schulungen für jugendliche Übungsleitungen angeboten werden. Für einmal geschulte Übungsleitungen soll es Auffrischungen und Aufbauschulungen nach spätestens vier Jahren geben.
Schulungen erfolgen ab 2024 durch eine vereinsinterne, entsprechend qualifizierte Lehrreferentin des LSB bzw. durch offene Schulungen beim KSB Stade. Für Übungsleitungen, die keine der angebotenen Schulungen wahrnehmen, ist eine Weiterbeschäftigung als Übungsleitung besonders kritisch zu prüfen.
10.2. Neueinstellungen
Bereits bei der Entscheidung für oder gegen eine Neueinstellung für den Verein ist die Basis für die Prävention von sexualisierter Gewalt gelegt. Denn es kann durchaus zur Strategie eines Täters/einer Täterin gehören, sich so Zugang zu Kindern und Jugendlichen zu verschaffen. Daher folgen sämtliche Neueinstellungen einem klar strukturierten Prozess. Dabei teilen sich Vorstand und Abteilungsleitung die Verantwortung bei der Einstellung einer Übungsleitung. So obliegt es der Abteilungsleitung, die grundsätzliche fachliche Eignung und Persönlichkeitseinschätzung auf Grund von Vorkenntnissen oder Bekanntheit des/der Kandidaten/Kandidatin zu beurteilen.
Dem Vorstand obliegt es, bei Vorliegen einer entsprechenden Einwilligung, z.B. Referenzen einzuholen und zu prüfen. Sämtliche Vertragsangelegenheiten (Arbeitsvertrag, Übungsleitervertrag) sind ausschließliche Angelegenheit des Vorstands.
Zukünftig sollen folgende Unterlagen bei einer Anstellung verpflichtend nachgewiesen und entsprechend verlängert werden:
Dokument |
Nachweisintervall |
---|---|
Erweitertes polizeiliches Führungszeugnis |
5 Jahre |
ÜL-Schulung zu „Prävention und Schutz vor sexualisierter Gewalt“ (PSG) |
innerhalb des 1. Jahres der Tätigkeit im Verein Auffrischung anschließend entsprechend der Intervalle der Lizenzverlängerung (4 bzw. 3 Jahre) |
Verhaltensrichtlinie des LSB Niedersachsen als Nachweis der ÜL-Schulung PSG |
innerhalb des 1. Jahres der Tätigkeit im Verein Auffrischung anschließend entsprechend der Intervalle der Lizenzverlängerung (4 bzw. 3 Jahre) |
Unterschrift unter Ehrenkodex |
zu Beginn der Anstellung – erneut bei Veränderungen/Anpassungen |
ÜL-/Trainer:innen-Lizenzen |
entsprechend der Lizenzverlängerung |
Ohne diese vollständigen Unterlagen ist eine Beschäftigung im Verein nicht möglich.
Im Laufe des „Bewerbungsverfahrens“ soll zukünftig bereits mit den Abteilungsleitungen ein informatives Gespräch zum Thema Kinderschutz und Schutzkonzept erfolgen, zu dem der Vorstand einen entsprechenden Leitfaden für deren Gespräche mit künftigen Übungsleitungen und Trainer:innen entwickeln wird. Dieser Leitfaden soll anschließend allen Abteilungsleitungen als Gesprächsleitfaden und Unterstützung dienen, so dass die „Bewerber:innen“ frühzeitig und allumfassend über die Wichtigkeit, die der Verein dem Kinderschutz einräumt und die Regelungen sowie die zahlreichen zu erbringenden Dokumente inklusive deren inhaltliche Bedeutung, informiert sind.
Es soll eine Erweiterung des Übungsleitervertrages erfolgen, mit der Verpflichtung der künftigen Übungsleitungen zur Auskunft gegenüber dem Verein: Es liegen aktuell keine strafrechtlichen Verfahren vor sowie die Selbstverpflichtung zur direkten Information des Vereins, falls strafrechtliche Verfahren eingeleitet werden. Auch diese Verpflichtung soll Inhalt von Bewerbungs- und Einstellungsgesprächen sein.
11. Schlussbemerkung
Dank an die Arbeitsgruppe zur Erarbeitung eines Schutzkonzepts
Dank an das Tandem des Landessportbund Niedersachsen e.V., Renate Bergmann und Julia Deke, die uns in zahlreichen Veranstaltungen in die Thematik eingeführt haben und maßgeblich zum Gelingen dieses Schutzkonzepts beigetragen haben.
Unsere Satzung, unser Leitbild und unser Ehrenkodex enthalten bereits viele Formulierungen für einen wertschätzenden und respektvollen Umgang miteinander und richten sich gegen jede Form von Gewalt. Um der Thematik in unserer Vereinskultur noch weiter Rechnung zu tragen, wurde auch das Leitbild des Buxtehuder SV hinsichtlich des Schutzkonzeptes um folgenden Absatz erweitert:
„Der Buxtehuder Sportverein verurteilt jegliche Form von Gewalt, unabhängig davon, ob sie körperlicher, seelischer oder sexualisierter Art ist.“
Von besonderer Bedeutung ist es, dass das Schutzkonzept implementiert und gelebt, aber auch stetig überprüft wird. Alle Beteiligten werden Erfahrungen sammeln. Diese Erfahrungen sollen in die Weiterentwicklung des Schutzkonzepts einfließen. Dazu wird sich die Arbeitsgruppe bei Bedarf oder mindestens einmal jährlich zusammensetzen. Die Einladung erfolgt durch die Vertrauensleute rechtzeitig (zu Beginn eines Kalenderjahres) vor der jährlichen Mitgliederversammlung.